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Der HP als Garant im Markt der Therapien (Blog)

In der Diskussion über die anstehende Ergänzung des Heilpraktikerrechts und der Veröffentlichung der neuen Leitlinien bis spätestens zum 31.12.2017, wird durch die Publizierung einer Streitschrift von 17 Professoren u. Akademikern (teilweise auch Ärzten, aber keinen Heilpraktikern) mit Logo und dem public-relations fördernden Kunstnamen „Münsteraner Kreis“, die Abschaffung des Heilpraktikers gefordert bzw. eine grundlegende Reform, welche dann nur sektorale Zulassungen erlaubt.

Gefordert werden auch von Heilpraktikeranwärtern ein vorher abgeschlossenes Studium bzw. eine staatlich-geprüfte Berufsausbildung im Gesundheitssektor.

Gutachten zur Situation des Heilpraktikers: Die Basis für eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema

Um der Diskussion den richtigen Rahmen zu geben, empfehle ich vor der Lektüre der Streitschrift das Gutachten von Rechtsanwalt Dr. Rene Sasse. Er beschreibt in kurzer Form:

  • die Rechten u. Pflichten von Heilpraktikern (HP).
  • warum bei so vielen verschiedene Berufen und Gesundheitsdienstleistern, die HP Erlaubnis als Grundlage zur Berufsausübung nötig ist.
  • die Vorteile und politischen Hintergründe, warum die verschiedenen Therapien, die von Heilpraktikern angeboten werden, nicht staatlich kontrolliert werden.

Dazu muss festgehalten werden:

Heilpraktiker praktizieren schon heute unter den gleichen rechtlichen Anforderungen wie Ärzte in Bezug auf Hygiene, Patientendokumentation, Patientenaufklärung, Patientenkommunikation und Praxiseinrichtungskontrolle durch die Gesundheitsämter.

Anmerkungen zum „Herz OP“-Argument

Die Wahl der Therapie bei Heilpraktikern ist durch die Verbote im Heilpraktikergesetz klar eingeschränkt. Der Heilpraktiker hat wie der Arzt eine Sorgfaltspflicht. Das Argument, daß dem HP eine Herz OP erlaubt ist, solange er einen Anästhesiearzt hinzuzieht, ist ein alter (und falscher) Hut.

Der Heilpraktiker und auch der Arzt haben die Pflicht, nur Therapien anzubieten und auszuführen, für die sie ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Für den HP der eine Herz OP anbieten will, heißt dies quasi das Absolvieren eines Medizinstudiums. Eine persönlich erforderliche Investition, die sich vom zeitlichen und finanziellen Aufwand schon verbietet.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist diese Argument an den Haaren herbeigezogen. Es gibt keinen Markt für einen Heilpraktiker, der eine Herz OP anbieten möchte.

„It’s innovation, stupid“ – Der HP hilft mit der neuen Flut an Therapiemöglichkeiten umzugehen

Der HP hat in Europa eine einzigartige Stellung, die dem deutschen Gesundheitsmarkt hilft, das Angebot von medizinischen Dienstleistungen über die Arbeitserlaubnis zu regeln.

Dies verhindert schon jetzt einen Wildwuchs aus quasi-medizinischen Dienstleistungen von unterschiedlichen Firmen und Freiberuflern, welche die Grenzen von Diagnose u. Therapie verwischen.

Der Markt für diese Dienstleistungen und das Angebot an Therapien (und aus Marketinggründen unterschiedlich beworbener Angebote) wird in Zukunft noch schneller wachsen.

Mit der Abschaffung des HPs wird dieser prosperierende Markt in einer Grauzone weiter wachsen. Das Heilprakitkergesetz, wie es jetzt steht, wird helfen diese Flut an Therapien in einem rechtlich gesicherten Rahmen, den Patienten zugänglich zu machen.

Die Ärzteschaft bzw. der Gesundheitsektor hat gar nicht die Personalresourcen für die Masse an neuen Therapieformen.

Genauso wie in den letzten Jahren Kosmetiker/innen die HP Erlaubnis nutzen, um Laserentfernung von Tätowierungen oder eine kosmetische Behandlung mit rezept-freien Injektionen anzubieten, werden sich weitere Geschäftsfelder auftun.

Der Verteuerungstrend von Therapien – Nutzen & Kosten volkswirtschaftlich betrachtet

Mit der Forderung, daß ein (konventioneller) Gesundheitsberuf wie Krankenschwester, Physiotherapeut oder Masseur als Grundlage für die HP Erlaubnis da sein muss, werden von diesen etablierten Berufsfeldern Kandidaten abwandern. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist das eine Resourcenverschwendung. Denn das jetzige Verfahren garantiert ein ausreichendes Grundlagenwissen zum Zeitpunkt der Prüfung, welches dem HP dann erlaubt in die Weiterbildung für das gewünschte Therapieangebot Zeit und Geld zu investieren.

Mehr Vorbedingungen bedeuten das Anhäufen von kostspieligen Doppelqualifikationen, die dann bei der eigentlichen Ausführung der Behandlung keine Rolle mehr spielen. Die Kosten dieser Doppelqualifikation führen nicht zu einer besseren Behandlung bzw. sicheren Therapieanwendung, sondern eher zu einem Anstieg der Preise, die Patienten und bei krankenkassen-finanzierten Angeboten die Gemeinschaft der Mitglieder für eine Therapiestunde bezahlen müssen.

Die Forderung nach immer höheren Qualifikationen für Therapien, die sich seit Jahrhunderten bewehrt haben, und ganz konkret bei Therapien wie der Akupunktur, wo z.B. ein konventionelles Medizinstudium ein zuviel an nicht-ausführungsrelevanten Wissen bedeutet, verteuern den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen wie Chinesische Medizin.

Schlussendlich sind, um das am Beispiel der Akupunktur festzumachen, das Wissen über die Theorie der Chinesischen Medizin, das praktische Training und die dann über Jahre eigenständig erarbeitete klinische Erfahrung ausschlaggebend und nicht der auch aus volkswirtschaftlicher Sicht teure Medizinstudiengang des Behandlers.

Klinische Erfahrung heisst nämlich hier die Erfahrung in der Behandlung mit Akupunktur und nicht die Erfahrung mit der Behandlung durch pharmazie-gestützte Medizin.

Der Gegenvorschlag: Zentrales Register aller Einverständniserklärungen der Patienten

Wenn die Ärzteschaft sich Gedanken über die Unvereinbarkeit oder ein erhöhtes Riskio von Therapien macht, dann ist es sinnvoller, ein zentrales Register für Einverständniserklärungen zu fordern.

In diesem Register sollten für jeden Patienten, seine jeweilige Einverständnis und deren Aufklärungsbogen registriert werden. Damit lässt sich dann – mit Einverständnis des Patienten – ersehen, welche Therapien wann und wo eingesetzt wurden.

Dieses Register sollte alle Einverständniserklärungen sammeln irrespektive ob von Ärzten, Heilpraktikern oder anderen Gesundheitsdienstleistern, bei denen eine schriftliche Einverständnis zu Grunde liegen muss.

Das Register musss alle Therapiearten beinhalten. Ob ärztlich angeboten, evidenz-basiert, naturheilkundlich oder spirituell sowie auch solche, die als „esoterische“ Behandlungen gelten.

Erst mit so einem Register kann die Ärzteschaft in vollem Umfang ermessen, welche weitere evidenz-basierte Zuwendung oder Beratung für den Patienten von Vorteil ist.

Ein Zusatzeffekt: Neu auf den Markt kommende Therapien können nun besser beobachtet werden. Falls dann Regulierungsbedarf besteht, hat man eine Grundlage, wie viele Patienten und Anbieter es betrifft.

Quellen:
Kurzgutachen von RA Dr. Rene Sasse über die Situaton des HPs
Die Streitschrift des Münsteraner Kreises