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Chinesische Medizin: Heilpraktiker u. Ärzte – Hintergrundinformationen

Ärzte, Heilpraktiker und die Chinesische Medizin in Deutschland

Autor: Werner Freystätter – Heilpraktiker Akupunktur

Two Rivers Acupuncture
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Letzte Aktualisierung: 30.6.2021

Einführung

Leitfaden für Patienten: Arzt oder Heilpraktiker?

Immer mehr Menschen suchen nach sanften, natürlichen Behandlungsformen. Ein Grund ist, dass das Bewusstsein der Menschen sich verändert, aber auch, dass Viele in der Schulmedizin keine Hilfe bekommen. Anderen sagt der symptombasierte Ansatz der Schulmedizin nicht zu. Sie wollen lieber möglichst naturnah gesund werden. Dieser Trend zur sanften Therapie ist schon länger zu beobachten, und die Angebote gehen weit über die klassische Homöopathie und Bachblüten hinaus. Die Zahl der Anbieter und Therapeuten, die sich mit Naturheilkunde, Alternativmedizin, Homöopathie, Energie- und Frequenzmedizin, energetischem Heilen, etc. beschäftigen ist rasant gestiegen. Da ist auch viel Raum für Wildwuchs. Deshalb gibt es in Deutschland ein paar Regeln bezüglich Behandlung und vor allem Diagnose. Schließlich geht es um das Wohl des Menschen, also um das höchste Gut.

Wer darf in Deutschland Krankheiten diagnostizieren und behandeln?

Der normale Weg bei Unwohlsein oder einer Erkrankung ist der Gang zum Arzt. Das kann bei allgemeinen Beschwerden, wie Erkältung, Müdigkeit oder undefinierbaren Symptomen der Hausarzt bzw. Allgemeinmediziner sein. Bei komplexeren Fällen oder wenn der Hausarzt nichts findet, wird der Patient zum Facharzt überwiesen, z.B. zum Dermatologen, Gynäkologen, HNO-Arzt, Internisten, Kardiologen, Orthopäden oder Radiologen. Wenn die Symptome sich nicht verbessern oder gar verschlimmern, fängt oft der Spießrutenlauf von einem Facharzt zum nächsten an. Das ist in der Regel der Zeitpunkt, wenn Menschen alle krankenkassengeförderten Möglichkeiten ausgeschöpft haben und sich auf die Suche nach alternativen, meist nicht oder wenig geförderten Heilmethoden machen.

Manche Allgemein- oder Fachärzte haben sich auf Naturheilkunde spezialisiert und kombinieren die klassische Schulmedizin mit alternativmedizinischen Behandlungen. Ein Alleinstellungsmerkmal aus rechtlicher Sicht: Ärzte dürfen nicht nur Behandlungen durchführen, sondern auch Diagnosen stellen. Das ist bei den meisten anderen Therapeuten nicht der Fall, außer beim Heilpraktiker.

Der Heilpraktiker … ist zunächst nur eine Berufsbezeichnung

Der Begriff Heilpraktiker wurde 1928 allgemein eingeführt und definiert in Deutschland eine Person, die die Heilkunde berufs- oder gewerbsmäßig ausübt, ohne als Arzt oder Psychologischer Psychotherapeut approbiert zu sein. Das 1939 verfasste Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung, kurz „Heilpraktikergesetz“, regelt die Voraussetzungen zur Führung der Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“. Die Ausübung der Heilkunde als Heilpraktiker bedarf in Deutschland der staatlichen Erlaubnis. Der Heilpraktiker übt seinen Beruf eigenverantwortlich aus und zählt, ebenso wie Ärzte zu den freien Berufen im Sinne von § 18 Einkommensteuergesetz.

Das Behandlungsspektrum ist gegenüber Ärzten durch den sogenannten Arztvorbehalt stark eingeschränkt. So dürfen Heilpraktiker eine Vielzahl von Infektionskrankheiten nicht behandeln, keine verschreibungspflichtigen Arznei- und Betäubungsmittel verordnen, keine Geburtshilfe leisten und auch keine Zahnheilkunde ausüben.

In Deutschland praktizieren rund 47.000 Heilpraktiker. Das Gesundheitssystem der gesetzlichen Krankenkassen wird durch Heilpraktiker deutlich entlastet, denn die Patienten zahlen die Behandlungskosten und Medikamente zumeist selbst.1

Manche (private) Krankenkassen bieten Zusatzversicherungen für Heilpraktikerleistungen an. Hier muss genau erfragt werden, welche Leistungen gefördert werden. Ein Beispiel ist die Securvita Krankenkasse mit ihrer Privatversicherung. 2

Heilpraktiker: Eine gesetzlich geregelte Berufsbezeichnung – ohne weitere Vorgaben zum Ausbildungsweg

Es gibt in Deutschland Hunderte Heilpraktiker-Schulen, von kleinen ortsansässigen bis zu großen Fernakademien. Da es keine akademische oder gesetzliche Regelausbildung für den Heilpraktiker-Beruf gibt, kann jede Schule ihren eigenen Lehrplan erstellen: von Präsenzunterricht im Vollzeitstudium, als berufsbegleitende Variante oder als komplettes Fernstudium.

Um Heilpraktiker zu werden bzw. als Heilpraktiker arbeiten zu dürfen, muss jeder Heilpraktiker eine Erlaubnis erhalten, die nach schriftlicher und mündlicher Prüfung durch das regionale Gesundheitsamt ausgestellt wird. Eine erste Übersicht gibt die (kommerzielle) Webseite der Fulton Akademie GmbH aus München, die auch die Heilpraktiker Schulen des Anbieters Paracelsus auflistet. Paracelsus bezeichnet sich als der führende Anbieter von Lehrgängen (quasi einer “Ausbildung”), die auf die Heilpraktikerprüfung vorbereiten und gleichzeitig auch Schülern ermöglichen schwerpunktmäßig Grundlagen für bestimmte medizinische Dienstleistungen, die typisch für die Angebotspalette einer Heilpraktikerpraxis sind, zu erlangen.

Wer kontrolliert Heilpraktiker?

Heilpraktiker sind mit ihrer Praxis beim zuständigen Gesundheitsamt gemeldet. Das Gesundheitsamt ist auch zuständig für die amtsärztliche Überprüfung des Anwärters vor der Zulassung zum Heilpraktiker, d.h. das Gesundheitsamt führt die Heilpraktikerprüfung durch.

Desweiteren kontrolliert das Gesundheitsamt den Hygienestandard in der Heilpraktiker-Praxis. Die Hygieneanforderungen in der Praxisführung sind die gleichen wie bei einem Hausarzt/Hausärztin und richten sich nach den angebotenen medizinischen Dienstleistungen. Besondere Anforderungen gelten bei invasiven Methoden, wie Akupunktur, Infusionen, Injektionen etc., da hier ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. 3

Ärzte und Heilpraktiker im Vergleich

In Deutschland waren 2019 ca. 47.000 Heilpraktiker in Voll- oder Teilzeitpraxis und 402.100 berufstätige Ärzte registriert. Es gibt mehr Ergotherapeuten (52.901) als Hausarztpraxen (44.903) und deutlich mehr Physiotherapeuten (161.145). 4

2017 hatten Heilpraktiker 128.042 Patientenkontakte pro Tag bzw. 46.607.332 pro Jahr. Das sind 2,72 Patienten pro Heilpraktiker pro Tag, wobei eine persönliche Einschätzung von einem Dienstleister der eine Abrechnungsplattform für Heilpraktiker anbietet nur etwa 14.000 Heilpraktiker nach Einschätzung des Rechnungsvolumen den Praxisbetrieb in Vollzeit betreiben, d.h. hauptberuflich tätig sind; der Großteil arbeitet nebenberuflich.5

Wer konsultiert Heilpraktiker?

Etwa 5 % der Bevölkerung beanspruchen gelegentlich eine ursachengerechte Therapie beim Heilpraktiker. Die Hälfte davon, also etwa 1 Millionen Haushalte sind offen für naturheilkundliche Ansätze. Im Regelfall befinden sich diese bereits in ärztlicher Behandlung, insbesondere bei schweren oder chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Hashimoto, Impfschäden, Borreliose und Ähnlichem. Häufig leiden die Patienten unter den Nebenwirkungen der schulmedizinischen Medikamente und Behandlungen und suchen deshalb nach Alternativen. Innerhalb der Zielgruppe gibt es eine große Tendenz zur Selbstversorgung, zur persönlichen Fortbildung und Prävention.

Heilpraktiker sind bei ihren Patienten beliebt, da sie bewährte Traditionen alter Heilverfahren mit den Erkenntnissen und Errungenschaften der modernen Wissenschaften kombinieren. Dabei betrachten sie neben den körperlichen Symptomen die Gesamtsituation, einschließlich der emotionalen und psychischen Verfassung des Patienten. Da sich Heilpraktiker in der Regel mehr Zeit für ihre Patienten nehmen und detaillierte Fragen stellen können sie oftmals Zusammenhänge erkennen, die bisher unentdeckt geblieben sind.

Spezialisierung für Heilpraktiker und Therapeuten

Auch Heilpraktiker müssen sich dem Wettbewerb stellen und eine Entscheidung in Bezug auf die Auswahl der medizinischen Dienstleistungen und Anwendungen treffen. Dies geschieht meist im Anschluss der bestandenen Heilpraktikerprüfung oder auch schon während der Vorbereitung auf die Prüfung über das Fortbildungsangebot in Heilpraktikerschulen.

Die folgende Auflistung ist unvollständig, aber sie gibt einen Überblick über die Bandbreite an unterschiedlichen Spezialisierungen, wirtschaftlichen Funktionen und und Tätigkeitsbereichen, die mit der Berufserlaubnis zum Heilpraktiker abgedeckt werden:

HP – Psychotherapie (der “kleine” HP)

HP – Osteopathie

HP – Homöopathie

HP – Kosmetische Anwendungen

HP – Ausländische Ärzte + Gesundheitsdienstleister (Yoga-Therapeuten, Schamanische Medizin)

HP – als Geschäftsführer für Gesundheitsdienstleistungen (Delegation der medizinischen Dienstleistung oder Aufsicht)

HP – TCM / Chinesische Medizin / Akupunktur, Kräuter und manuelle Therapie (Tuina)

HP – Chiropraktiker

HP – Physiotherapeuten (sektoraler Heilpraktiker)

HP – Orthomolekulare Medizin

HP – als Ergänzung zu anderen Gesundheitsberufen bzw. zur Ausführung weitere invasiver Tätigkeiten

HP – Informationsmedizin (Dienstleistungen mit elektronischen Geräten – Messgeräte, Laser etc.)

Zudem kann eine Spezialisierung auf Patienten- bzw. symptomatische Gruppen stattfinden, z.B. Kinder, Krebserkrankungen, Hauterkrankungen und Kosmetik, Labordiagnostik, ethnische Medizinrichtung (Chinesisch, Tibetisch etc.).

Heilpraktiker und die Chinesische Medizin

In den folgenden Abschnitten wollen wir die Traditionelle Chinesischen Medizin näher beleuchten.

Definition Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) / Chinesische Medizin

Die Chinesische Medizin umfasst Akupunktur, Arzneimitteltherapie (Kräuter), Manuelle Therapie (Tuina), Bewegungstherapie (Qigong / Taiji Chuan) und eine Ernährungslehre (5 Elemente Diätetik). Die im Westen bekannteste Säule ist die Akupunktur. Deshalb konzentrieren sich Anbieter in der Praxis meist auf Akupunktur und eine Untergruppe. Akupunktur und manuelle Therapie (Tuina) ergänzen sich sehr gut, während Arzneimitteltherapie und Akupunktur die Bereiche der TCM mit der meisten Theorie sind.

Diagnose in der TCM versus schulmedizinische Diagnose

Chinesische Medizin bedarf zunächst einmal keiner westlichen Diagnose. Es ist ein in sich geschlossener Behandlungsansatz, der sich auf die praktische Diagnose durch Befragung des Patienten, der Zungendiagnose und Pulsdiagnose stützt. Es gibt auch Behandlungsstile, bei denen auch durch Pressen von Akupunkturpunkten und Palpation der Extremitäten eine Diagnose erstellt wird. Gemeinsam haben diese Ansätze, dass es sich um einen subjektiven Ad-hoc-Diagnoseprozess handelt. Die Erkenntnisse fließen in die anschließende Behandlung.

Medizinisches Grundwissen und die Pathologie von westlichen Krankheitsbildern werden im weiteren Sinne gebraucht, um den Genesungsverlauf und die Heilungsszenarien einzuschätzen. Dafür sind die in der Heilpraktikerprüfungsvorbereitung erlangten anatomischen, pathologischen, theoretischen, medizinischen Kenntnisse ausreichend. Entscheidend sind hier die praktische Erfahrung und der ausgeruhte und konzentrierte Zustand des Behandlers. Für eine sichere und effektive Behandlung kann sich der Behandler sich nicht hinter einem Berg theoretischem Wissen verstecken.

Methoden und Techniken in der TCM

Zu den Methoden und Techniken im der TCM zählen die klassische Akupunktur, Zungen- oder Pulsdiagnose, Moxibustion oder Gua Sha. Die Moxibustion, auch Moxa-Therapie oder Moxen genannt wurde vor allem in den kälteren Bergregionen Chinas durchgeführt. Die Erwärmung von Akupunkturpunkten mit brennendem Beifusskraut soll Zuständen von energetischer Kälte und Leere entgegenwirken. Bei Gua Sha werden mit einem abgerundeten Gegenstand durch wiederholte Hautschabungen vorhandene Disharmonien im Organismus lokalisiert und der Energiefluss (Qi) angeregt. In der Akupunktur gibt es verschiedene Stile.

Akupunkturvarianten

Bei der Meridiantherapie wird mit japanischer Akupunktur nach japanischen Prinzipien behandelt. Auch hier wird per Puls diagnostiziert. Es werden sehr dünne Nadeln und kleine Moxakegel eingesetzt.

Für die Schädelakupunktur gibt es verschieden Stile. Die bekanntesten sind nach Yamamoto, nach WHO-Standard, nach Dr. Jiao Sun-Fa und nach Lin Xue-Jian.

Ohrakupunktur nach Nogier, NADA, Battlefield Acupuncture.

Dry Needling: Akupunktur nach rein westlich anatomischen Gesichtspunkten. Die Technik ist verwandt mit Triggerpunktbehandlungen und Triggerpunktmassagetechniken.

Elektroakupunktur: Hier gibt es verschiedene, nach einzelnen Lehrern ausgerichtete Stile: 5 Elemente Akupunktur, Yuan Qi Akupunktur (Suzanne Robidoux), Dr. Tan Akupunktur, Tung Akupunktur sowie koreanische Hand- oder Körperakupunktur.

WHO: Klassifizierung und Standardisierung der Akupunktur

Seit 2005 gibt es Bemühungen bei der WHO, Behandlungen mit der Traditionellen Chinesischen Medizin und insbesondere der Akupunktur in die Nomenklatur des ICD*-11 einzubinden. Die ICD-11 ist die 11. Revision der Internationalen statistischen Klassifizierung der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO (International Classification of Disease). Sie dient der Verschlüsselung medizinischer Diagnosen und ist eine Weiterentwicklungt der ICD-10. Im Februar 2022 wird dieser Katalog offiziell zur Nutzung freigegeben. Die Standardisierung beinhaltet:

  • Definition der Punktlokalisation von 361 Akupunkturpunkten
  • Eine Vokabelliste von 4000 diagnostischen Beschreibungen
  • Eine Liste von 408 ‚traditionellen‘ Medizin Codierungen.

Inwiefern diese Entwicklung auf eine Ausdünnung der verschiedenen Akupunktur-Varianten hat ist nicht vorherzusehen. 6

Weitere Bereiche der Chinesischen Medizin

Ernährungsberatung und Traditionelle Chinesische Medizin

TCM Ernährungsberater/innen sind von ihrer Grundhaltung her ganzheitlich orientiert. Sie suchen nach einer bewährten Ergänzung zur westlichen Medizin. Mit dem theoretischen Grundlagenverständnis der Chinesischen Medizin und der praxisorientierten Umsetzung von Ernährungs- und Diätempfehlungen können sie eine gezielte Ernährungsweise zur Prävention von Krankheiten und zur Linderung von Beschwerden einsetzen. Eine ärztliche Qualifikation oder Heilpraktikererlaubnis ist hierfür nicht erforderlich.

Chinesische Arzneitmitteltherapie /Phytotherapie

Hier gibt es viele verschiedene Schwerpunkte: Chinesische Kräuterheilkunde nach Shang Han Lun, Kräuterausbildungen nach TCM, Kräuterausbildungen bei Behandlern mit eigener Produktlinie sowie solche, die sich auf chinesische Heilpilze fokussieren.

Qigong und Taiji

Qigong- und Taiji-Trainer bzw. -Lehrer bilden eine eigene freie Berufsgruppe mit eigenen Interessenverbänden und einer Qualifizierung, die eine Subventionierung durch die Gesetzlichen Krankenkassen ermöglicht. Eine ärztliche Qualifikation oder die Heilpraktikererlaubnis ist nicht erforderlich.

Tuina Anmo – die manuelle Therapie der TCM

In der Regel wird Tuina von Ärzten und Heilpraktikern in Kombination mit oder zusätzlich zur Akupunktur und Arzneimitteltherapie angeboten. Hier erfolgt eine Diagnose nach den Prinzipien der Chinesischen Medizin. Die Behandlung besteht aus einer Serie von Terminen. Tuina kann auch als Wellnessmassage von Masseuren angeboten werden. In diesem Fall erfolgt keine Einbindung in ein gesamttherapeutisches Konzept.

Spotlight: Wie sicher sind Heilpraktiker und Akupunktur?

Die Risiken, mit denen Patienten beim Heilpraktiker rechnen müssen, sind sehr gering. Die Anzahl der Schadensfälle ist dermaßen minimal, dass z.B. ‚Die Continentale‘ nicht einmal einen eigenen Punkt in der Schadenstatistik für Heilpraktiker-Risiken vorsieht. Bei anderen Versicherern sieht es ähnlich aus. Weder bei manuellen Therapieverfahren wie Chiropraktik oder Osteopathie noch bei invasiven Methoden wie Akupunktur oder Neuraltherapie gibt es nennenswerte Schäden.7

Verglichen mit der schulmedizinischen Behandlung mit Medikamenten ist die Akupunktur eine relativ sichere Behandlungsmethode. Zur sicheren Anwendung bedarf es maximal der physiologischen, anatomischen und medizinischen Vorkenntnisse, die für die Bestehung der Prüfung zur Erlangung der Berufserlaubnis gebraucht werden. Die Effektivität der Akupunktur hängt von der (Zusatz-)Ausbildung in der Traditionellen Chinesischen Medizin, den theoretischen Kenntnissen und der praktischen Akupunktur-Erfahrung des Behandlers ab.8

Spotlight: Soll ich zum Arzt oder Heilpraktiker für Chinesische Medizin gehen?

Patientenzufriedenheit

Die Patientenzufriedenheit ist bei Heilpraktikerbehandlung am größten. Die Zufriedenheit mit den Behandlungsergebnissen fiel laut einer Fresenius-Studie mit 120 Befragten positiver aus als bei Ärzten. Faktoren, wie Kommunikation, Zeit und wGanzheitlichkeit spielen eine große Rolle. So dauert ein Termin beim Heilpraktiker rund 60 Minuten, beim Arzt durchschnittlich 7,5 Minuten. Leichte Abstriche gibt es lediglich bei den Themen „Transparenz in der Abrechnung“ sowie das „Einhalten von Kompetenzgrenzen“.9

Auswahl des richtigen Behandlers

Die erste Wahl bei der Auswahl eines Behandlers ist neben einer persönlichen Empfehlung sicher ein Blick auf die Website. Welche Akupunkturstile werden angeboten, wie ist die Qualifikation und der Werdegang des Anbieters, wie groß ist die Bandbreite des Angebotes. Hat der Behandler eine große Bandbreite verschiedener medizinischer Felder und Behandlungskonzepte, oder konzentriert er/sie sich auf einen Bereich. Das Feld der Traditionellen Chinesischen Medizin ist so groß, dass man sich lebenslang weiterbilden und seine Stile perfektionieren kann.

Nach einer ‚großen‘ Ausbildung (Ausbildung z.B. bei der AGTCM oder TCM Studium im Ausland) sind das praxisorientierte Lernen und Eigenstudium des Behandlers von größerer Bedeutung als das Absolvieren vieler Zusatzausbildungen. Bei der Akupunktur gilt: Als Patient merken Sie nach 3 bis 4 Behandlungen, ob Sie Vertrauen und eine gute Patienten-Therapeuten-Beziehung haben. Nach einem Zyklus von 10 Akupunktursitzungen sollte ein Meilenstein in der Genesung erreicht worden sein.

Aus- und Fortbildungen für Ärzte, Heilpraktiker und Therapeuten in TCM

In Deutschland darf Akupunktur von Ärzten, Heilpraktikern und Hebammen angewendet werden. Es gibt zahlreiche Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten bei unterschiedlichen Anbietern. Nur wenige Institute entschließen sich, eine umfangreiche Ausbildung mit ca. 1000 Stunden Theorie und Praxis anzubieten. Um ein derart umfangreiches Ausbildungskonzept zu realisieren bedarf es einer langen Erfahrung, einer institutionellen Struktur, die das Wissen, Dozenten, Lehr und Prüfungsprozesse bündelt sowie einem kontinuierlichen Strom an Interessenten, die sich für die Ausbildung entscheiden. In Deutschland gib es nur zwei Anbieter, die seit mehr als 40 Jahren die obigen Bedingungen erfüllen:

AGTCM e.V. – Fachverband für Chinesische Medizin

Die AGTCM e. V. ist ein interdisziplinärer Fachverband für Chinesische Medizin in Deutschland. Sie ist seit über 60 Jahren in Deutschland aktiv, Teil eines internationalen Netzwerks und wichtiger Ansprechpartner für fachlichen und politischen Austausch zu klassischen und modernen Themen der Chinesischen Medizin. Die AGTCM e. V. ist zudem ein Aus- und Fortbildungszentrum für Chinesische Medizin. Zum Angebot zählen weit über 100 Kurse und bundesweite Rahmenlehrpläne für verschiedene Themen, Schwerpunkte und Fortbildungsgrade an. Der Unterricht findet an den fünf Kooperationsschulen in Deutschland statt. Die vereinbarten Standards werden über die QAW (Qualitätskommission für Aus- und Weiterbildung) kontrolliert. Unter den Schülern sind Therapeutinnen und Therapeuten aus verschiedenen Heilberufen vertreten, z.B. Heilpraktiker, Ärzte, Physiotherapeuten, Masseure, Hebammen, etc.). 10

SMS (Internationale Gesellschaft für Medizin e.V.)

Seit über 40 Jahren bildet die Societas Medicinae Sinensis, kurz SMS, in allen Disziplinen der Chinesischen Medizin aus: Akupunktur, Chinesische Arzneimitteltherapie, Diätetik/Ernährungslehre, in den Bewegungstherapien Qigong und Taiji sowie in manueller Therapie Tuina. Der CPC (Certified Physician of Chinese Medicine) ist mit 1.000 Unterrichtseinheiten auf Vereinsebene das umfangreichste ärztliche Studium für Chinesische Medizin im deutschen Sprachraum. Das Angebot richtet sich an Ärzte, Therapeuten und Interessierte. Allerdings können nur Ärzte Voll-Mitglied werden. Therapeuten ohne Arzttitel dürfen an Kursen in Akupunktur und Arzneimitteltherapie nicht teilnehmen. Damit ist die SMS defacto eine Ausbildungsinstitution ausschließlich für Ärzte und Medizinstudenten.

Die SMS bietet als einziger Bildungsträgerin Deutschland ein gleichwertiges Ausbildungsspektrum wie die Kooperationsschulen der AGTCM.11

Weitere Fortbildungsmöglichkeiten für Ärzte:

In Deutschland gibt es zusätzliche Fortbildungsoptionen für Ärzte. Zwei der bekanntesten Institutionen sind die Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. (DÄGfA) und die Deutsche Gesellschaft für Akupunktur und Neuraltherapie e.V. DGfAN. Seit 1951 engagiert sich die DÄGfA als älteste deutsche Akupunkturgesellschaft für ein hohes Niveau in der Akupunkturausbildung von Ärzten und fördert die Akupunktur in Praxis, Lehre, Forschung und durch Öffentlichkeitsarbeit. Die DGfAn ist eine der führenden Gesellschaften beider Fachgebiete in Deutschland und Europa. Von den anderen Fachgesellschaften unterscheidet sie die komplexe Sicht der tragenden Säulen der Reflexmedizin: Akupunktur, Neuraltherapie und Manuelle Medizin, erweitert durch komplementäre Therapieoptionen, wie z.B. Kinesiologie, Homöopathie, Osteopathie, etc.12

Zudem konnten sich Ärzte bis vor Kurzem an der Universität Witten-Herdecke und TUM in München ausbilden lassen. Aktuell gibt es jedoch nur einen Master Studiengang für TCM an der TUM.13

Weitere Fortbildungsmöglichkeiten für Heilpraktiker:

Für Heilpraktiker, die sich in der Traditionellen Chinesischen Medizin fortbilden wollen, gibt es Kurse an großen Heilpraktikerschulen, aber auch durch kleinere Anbieter, einzelne Ärzte oder Heilpraktiker, die sich einen persönlichen Stil angeeignet haben, aufgrund langjähriger Praxis Verbindungen nach China haben oder selber in einem Schüler-Lehrer-Verhältnis zu einem chinesischen Arzt („Meister“) stehen. Im Vordergrund stehen bei solchen Kursen die praktische Anwendung, ein bestimmter Akupunkturstil oder ein partikuläres Behandlungskonzept. Beispiel: Akupunktur nach Dr. Tan etc.

Volkswirtschaftliche Kosten: Chinesische Medizin von Ärzten oder Heilpraktikern?

Ausbildungskosten Ärzte: Optimierungspotentiale aus volkswirtschaftlicher Sicht

Vollausgebildete Ärzte mit Zusatzausbildungen in Traditioneller Chinesischer Medizin haben eine unvorteilhafte Verteilung ihrer Ausbildungsschwerpunkte. Es stehen 6 Jahre Arztstudium einer Weiterbildung von ca. 200 Stunden gegenüber, denn für die TCM-Behandlung braucht der Arzt in erster Linie die in den Fort- oder Weiterbildungen erworbenen praktischen Fähigkeiten und therapeutisches Wissen. So entstehen bei Ärzten den Versicherten und den Krankenkassen höhere Kosten als bei einem Heilpraktiker mit äquivalenter Ausbildung in TCM.

Das gleiche Bild zeigt sich auch in der Osteopathie. (Vergleich: Volkswirtschaftliche Kosten einer Arztausbildung u. einem Osteopathiestudium gegenüber einem Heilpraktiker mit gleichwertiger Osteopathieausbildung.)

Pro Heilpraktiker: Finanzielle Vorteile aus volkswirtschafterlicher Sicht

„Abgesehen vom wertvollen Beitrag der Heilpraktiker zur Gesundheit der Bevölkerung gibt es auch finanzielle Vorteile. So beträgt das Jahresabrechnungsvolumen aller rund 47.000 hierzulande tätigen Heilpraktiker rund 1 Milliarde Euro, wovon zirka 530 Millionen Euro auf Selbstzahler und 470 Millionen auf Versicherte privater Krankenkassen-Versicherungen (PKV) entfallen. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Heilpraktiker-Rechnung von 150 Euro ergibt dies ein Stückzahlvolumen von etwas über 3 Millionen Rechnungen pro Jahr. Geht man davon aus, dass der PKV-Versicherte nach Abschaffung des Heilpraktikerberufs zu einem Privatarzt geht, wird die Rechnungshöhe wohl eher 500 bis 1000 Euro betragen.“ 14

Fußnoten


  1. https://www.heilpraktiker-fakten.de/heilpraktikerfakten/zehn-fakten-zum-heilpraktikerberuf/ ↩︎
  2. https://www.securvita.de/private-krankenversicherung-securvita/leistungen-von-a-bis-z.html ↩︎
  3. https://www.heilpraktiker-fakten.de/heilpraktikerfakten/gesetzliche-vorgaben-zur-berufsausuebung-2/ ↩︎
  4. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/191814/umfrage/anzahl-der-hausaerzte-in-deutschland/
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/158869/umfrage/anzahl-der-aerzte-in-deutschland-seit-1990/
    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/520500/umfrage/anzahl-beschaeftigter-physiotherapeuten-in-deutschland/
    https://www.arzt-wirtschaft.de/anzahl-der-aerzte-in-deutschland-nach-arztgruppe-bis-2019/ ↩︎
  5. https://www.bdh-online.de/repraesentative-umfrage-jeden-tag-gehen-in-deutschland-128-000-patienten-zum-heilpraktiker/ ↩︎
  6. https://tcm-fachverband.ch/icd-11-neu-mit-tcm/
    https://www.acupuncturetoday.com/digital/index.php?i=755&a_id=33951&pn=10&r=t&Page=10 ↩︎
  7. https://www.portalderwirtschaft.de/pressemitteilung/336764/keine-gefahr-durch-heilpraktiker.html ↩︎
  8. Quelle: MacPherson H, Thomas K, Walters S, Fitter M. A prospective survey of adverse events and treatment reactions following 34,000 consultations with professional acupuncturists. Acupunct Med. 2001 Dec;19(2):93-102. doi: 10.1136/aim.19.2.93. PMID: 11829165.
    Lao L, Hamilton GR, Fu J, Berman BM. Is acupuncture safe? A systematic review of case reports. Altern Ther Health Med. 2003 Jan-Feb;9(1):72-83. PMID: 12564354. ↩︎
  9. https://www.hs-fresenius.de/symposium-therapiewissenschaften/
    https://www.heilpraktiker-fakten.de/2020/09/30/patientinnen-und-patienten-sind-mit-der-behandlung-beim-heilpraktiker-sehr-zufrieden/ ↩︎
  10. https://www.agtcm.de/fachverband/agtcm/index.htm ↩︎
  11. https://www.tcm.edu/aerzte-medizinstudenten/ ↩︎
  12. https://www.daegfa.de/AerztePortal/Home.aspx]
    https://www.dgfan.de/ ↩︎
  13. https://www.tum.de/studium/studienangebot/detail/traditionelle-chinesische-medizin-tcm-master-of-science-msc/ ↩︎
  14. https://www.portalderwirtschaft.de/pressemitteilung/336764/keine-gefahr-durch-heilpraktiker.html ↩︎