Hast du dich schon einmal gefragt, warum Buddha so einen großen Bauch hat? Oder warum schmale, Qigong praktizierende Chinesen einen vergleichsweise großen Bauch haben? Der Bauch ist ein zentraler Speicherort für Qi, für Lebensenergie. Viele energetische und spirituelle Praktiken, wie Qigong, Yoga und Pranayama-Atemübungen, aber auch asiatische Kampfsporttechniken behandeln bzw. arbeiten mit dem sogenannten „Hara“, dem unteren Dan Tian (Dantian, Dantien). Der Dantien ist unterhalb des Nabels und stellt den Schwerpunkt des Körpers dar. Er ist auch der Ort, an dem überschüssiges Qi, z.B. nach dem Praktizieren ovn Qigong oder Taiji gespeichert wird. Daher der Buddha-Bauch. Im Daoismus wird der Dantian mit Vitalität, Energie und dem belebenden Geist assoziiert. Warum das so ist, wird anhand der Meridianpunkte, die in der Bauchgegend verlaufen, klar. Mehr dazu weiter unten. In der indischen Tradition sitzt dort das Nabel- und das Nabelnebenchakra, was dem Meridianpunkt Konzeptionsgefäß 6 entspricht. Betrachten wir nun die Rolle des Bauches aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin.
Der Bauch aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin
Der Bauch ist unterteilt in den Unteren Erwärmer und Mittlerer Erwärmer. Der untere Erwärmer sitzt unterhalb des Nabels und kontrolliert Niere, Blase, Leber, Dickdarm und Dünndarm. Zwischen Zwerchfell und Nabel liegt der Mittlere Erwärmer, zuständig für Magen, Milz und Gallenbase. Zwerchfell aufwärts regiert der Obere Erwärmer, der Brustkorb, Lunge und Herz reguliert. Die wichtigsten physiologischen Abläufe im Mittleren Erwärmer sind Verdauung und Transport der aufgenommenen Nahrung und Flüssigkeit, sowie das Reifen, Fermentieren und der Weitertransport der aus der Nahrung gewonnenen Nährstoffe in den Körper. So wird der Mittlere Erwärmer gerne mit einem brodelnden Kochtopf verglichen.
Dagegen ist der Untere Erwärmer zuständig für die Aufspaltung der Nahrungsessenzen in reine und unreine. Letztere werden ausgeschieden. Der Untere Erwärmer hat damit die Funktion eines Drainagesystems, da er auch die Harnausscheidung unterstützt.
Zusammen bilden sie den 3fach-Erwärmer, der als Meridian und Organ nach TCM-Definition bekannt ist. Man muss wissen, dass die in der TCM genannten Organe nichts mit dem physiologischen, anfaßbaren Organ zu tun haben. TCM-Organe haben keine Form, und stellen eher die Zusammenfassung physiologischer Funktionen, sogenannter Funktionskreise dar. Wenn wir also von Leber- oder Magenmeridian lesen, dann sind damit nicht die physischen Organe gemeint.
Bauch und Akupunkturpunkte
In der Bauchregion finden wir die sogenannten Front-Mu-Punkte oder Alarmpunkte. Warum Alarm? Sie könnten Hinweise auf Störungen bei den zugehörigen Zang-Fu-Punkten geben, sofern sie auf Druck empfindlich reagieren. Die Front-Mu-Punkte liegen alle in der Mitte des Rumpfes bzw. seitlich davon.
Diese Akupunkturpunkte am Unterbauch können bei folgenden Beschwerden eingesetzt werden:
Magen 27 (Daju „Große Macht“), 2 Cun unterhalb des Nabels, unterstützt die Nieren, stabilisiert Essenz-Qi, reguliert und stärkt das Qi. Es wird eingesetzt bei Spannungs- und Völlegefühl im Unterbauch, Dysurie, Harnverhalt, Hernien oder Ejakulationsstörungen.
Ma 30 (Qichong „Ansturm des Qi“) stabilisiert die unteren Körperöffnungen und wird behandelt u.A. bei Schmerzen im Abdomen, Erkrankungen der äußeren Genitalien, Impotenz, Menstruationsstörungen oder Sterilität. Ma 30 ist zudem ein wichtiger Kreuzungspunkt mit dem Chong Mai, der sich aus fünf verschiedenen Energiebahnen zusammensetzt.
Akupunkturpunkte, um Schwächezustände zu behandeln:
Ren 6 (Qihai „Meer des Qi“) sitzt auf dem Sondermeridian Ren Mai oder Konzeptionsgefäß (KG), der in der Körpermitte von unten nach oben verläuft. Er startet im Perineum und endet unterhalb der Unterlippe. Beim Ren 6 sitzt auch das oben erwähnte untere Dantien. Deshalb wird dieser Punkt in der Akupunktur auch bei Qi-Mangel verwendet. Ren 6 stärkt das Yang, tonisiert, reguliert und zirkuliert Qi im ganzen Körper und beseitigt Qi-Stagnationen. Die Relevanz dieses Meridianpunktes zeigt sich auch an der Vielfalt der Indikationen: von Schmerzen im Unterbauch, die durch Kälte verschlimmert werden; starke Erschöpfungszustände, Antriebslosigkeit, mangelnde Willenskraft, mentale Schwäche, Depression, Kälte der Extremitäten, unregelmäßige oder schmerzhafte Menstruation (Dysmenorrhö), Fluor vaginalis, Sterilität, Impotenz, Senkungen oder Erkrankungen der Beckenorgane, chronische Diarrhö (Durchfall), Obstipation, also träge Verdauung oder Verstopfung, und Meteorismus, also Blähbauch oder Blähsucht.
Wie kann es sein, dass ein Punkt im Bauch sich auf die Psyche und den mentalen Zustand auswirkt, die man ja eher im Kopf verortet? Hier hilft ein Blick zur Schulmedizin und dem Vagus-Nerv. Der Vagusnerv ist ein sehr langer Hirnnerv, der vom Hirnstamm durch den Brustbereich entlang der Luftröhre bis in den Bauchraum reicht. Mit seinen insgesamt ca. 100.000 einzelnen Nervenfasern durchzieht er jedes Organ und leitet auch Informationen der inneren Organe an das Gehirn weiter. Somit hat er auch Einfluss auf unsere kognitiven Leistungen. Vielleicht wird jetzt klar, warum Ren 6 auch im medizinischen Qigong und asiatischen Meditationstechniken eine zentrale Rolle spielt.
Ren Mai, der an der Vorderseite in der Körpermitte entlangläuft, hat einen Partner: den Du Mai, auch bekannt als Lenkergefäß oder Gouverneursgefäß, der auf der Rückseite des Körpers entlang der Wirbelsäule verläuft. So können z.B. Rückenschmerzen auch über den Bauch bzw. Ren Mai behandelt werden.
Dai Mai – Gürtelgefäß
Der Dai Mai läuft um die Taille wie ein Gürtel und beinhaltet die Meridianpunkte Leber 13, Gallenblase Gb 28 und Gb 41 sowie Perikard 5. Der Dai Mai verbindet die obere mit der unteren Körperhälfte. Er beseitigt Fülle von Gallenblase und Leber. Außerdem kontrolliert er wie ein Gürtel den Energiefluss der Bein-Meridiane. Indikationen sind u.A.. Migräne und Kopfschmerzen, besonders an den Schläfen, starke innere Anspannung und Gereiztheit; angespannte Schulter-/Nackenmuskulatur, Herpes Zoster, Zystitis und Atemprobleme inkl. Asthma.
Tuina – die manuelle Therapie – und der Bauch
Tuina ist eine chinesische Massageform (Akupressur) und neben Akupunktur, Phytotherapie und Qigong die vierte Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin. Für die Behandlung mit Tuina gibt es konkrete Skripte für die Behandlung bei:
- Allgemeinen Schwächezuständen
- Rekonvaleszenz / Burnout
- Verdauungsbeschwerden
- Menstruationsbeschwerden
Auch bei komplexen Erkrankungen wird der Bauch als „Vitalitätszentrale“ zur Stärkung mitbehandelt, z.B. bei
- Diabetes
- Systemischen neurologischen Erkrankungen (Parkinson)
- Angststörungen
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten / Allergien
- Bauch und Unterbauch immer mitbehandeln bei:
- Fertilität (männlich u. weiblich)
- Gynäkologischen Beschwerden (Endometriose, PCOS)
Wenn Sie Fragen haben oder eines der o.g. Beschwerden behandelt haben möchten, vereinbaren Sie gerne einen Termin.